Der älteste Postbote Deutschlands kommt aus Freudenburg 

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Der älteste Postbote Deutschlands kommt aus Freudenburg – und hat viel zu erzählen.

Von Dirk Tenbrock

Der Literatur-Nobelpreisträger und geniale Musik-Poet Bob Dylan hat es schon 1974 – als Detlef Birkel in sein 10. Jahr als Postler ging- in einem bewegenden Song so ausgedrückt: „May your hands always be busy. May your feet always be swift. May your heart always be joyful. May your song always be sung. And may you stay forever young“.

Das Geheimnis ewiger Jugend liegt also laut Dylan – frei übersetzt – darin, die Hände und Füße beschäftigt zu halten, mit beiden Beinen und fröhlichen Herzens auf der Erde zu stehen, und zu singen.

All’ das hat Detlef Birkel, ohne ein großer Dylan-Fan gewesen zu sein, immer schon verwirklicht, und das ist wohl der Grund, warum er mit 73 Jahren noch immer die Post in seiner Heimat in und um Freudenburg austrägt. Und zwar topfit, kaum eine Arztpraxis hat er je von innen gesehen. Er ist immer strahlend gut gelaunt und seine Sangeslust erfüllt sich beim weit über Freudenburg hinaus bekannten Shantychor. Also, ein Patentrezept für ewige Jugend, forever young?

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Diese Art von Briefen will die Deutsche Post nicht mehr versenden

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Nur teilweise, denn bei Detlef Birkel handelt es sich um eine körperliche und mentale Fitness, die von innen heraus kommt. Seine positive Lebenseinstellung, eine starke Konstitution und viel „Training on the Job“ – viele Kilometer bergauf und bergab, bei Wind und Wetter.

Als 15-jähriger Auszubildender ist er mit dem Fahrrad täglich von Freudenburg zum Dienst nach Saarburg gefahren. Zurück allerdings, da zeigt sich seine Cleverness und Beliebtheit, nahmen ihn Kollegen in den damals noch von der Post betriebenen Bussen mit hoch auf den Saargau. Es kommt also auch wohl darauf an, sich seine Kräfte einzuteilen, damit sie dann mit 73 noch reichen.

Und ganz offensichtlich tun sie das, er wirkt eher wie ein Endfünfziger, ist gut erhalten, wenn man das so sagen will. Seine Frau lacht: „Wenn er nach dem Dienst nach Hause kommt, springt er immer noch im Haus herum oder geht mit dem Hund raus.“

Am Montag, 1. Juni 2016, ist er offiziell als Zusteller in Pension gegangen, am Dienstag, 2. Juni, hat er direkt seine Aushilfstätigkeit begonnen. „Für mich war klar, dass es das noch nicht gewesen sein konnte, ich fühlte mich zu jung und fit für das Pensionärsdasein“, sagt er. Über 50 Jahre war er da schon im Dienst und darauf ist er stolz.

„Wenn der Postmann zweimal klingelt“ – laut Detlef Birkel nicht nur ein Film

So manche Anekdote weiß Birkel zu erzählen, auch das Klischee von der einsamen Dame des Hauses, die im Negligé den Postboten erwartet, den sie bezirzen will, sei nicht ganz frei erfunden: „Es heißt nicht umsonst: wenn der Postmann zweimal klingelt.“ Der berühmte Film von 1981 mit Jessica Lange und Jack Nicholson erzählt von so einer Affäre. Aber er selbst sei immer treu und standhaft geblieben, versichert der Freudenburger.

In den 1970er-Jahren hat er einige Monate aushilfsweise in Stuttgart gearbeitet, dort herrschte zu der Zeit Personalmangel. In einem der Höhenstadtteile, wo die wohlhabenden Schwaben wohnten, habe es eine Dame gegeben, die morgens schon auf ihn wartete, wohl mit eindeutigen Absichten, so hat er es interpretiert. „Ich habe dann immer zugesehen, dass ich da schnell wieder wegkam, mich gebückt am Mäuerchen entlang geschlichen, damit die mich nicht sieht“, sagt er schmunzelnd und seine Frau prustet vor Lachen.

Es sei sowieso spannend gewesen, in der baden-württembergischen Metropole, in Stuttgart ist er auch als Geldbriefträger unterwegs gewesen, teilweise mit 100.000 Mark in der Tasche. Begleitschutz, Security? Fehlanzeige, dabei sei man anhand des Geldtäschchens gut identifizierbar gewesen. Immerhin einen Totschläger hat er in der Tasche gehabt, zum Einsatz gekommen sei der aber nie, Gott sei Dank. Das waren andere, sicherere Zeiten.

Dieser Fall hat Detlef Birkel in 60 Jahren als Postbote besonders berührt

Berührt habe ihn dann ein Fall, den wohl fast jeder Postbote einmal erlebt hat: Bei einem alleinstehenden Mann sei nach einigen Tagen der Briefkasten übergelaufen, Birkel wusste aber, dass er eigentlich zu Hause sein müsste. Also informierte er den Vermieter, der den Herrn leider nur noch tot in seiner Wohnung fand. Traurig sei das gewesen, wenn jemand von niemandem vermisst wird.

Detlef Birkel glaubt trotzdem, dass er den schönsten Beruf der Welt habe, man sei an der frischen Luft, weitgehend sein eigener Herr und habe viele Kontakte mit Menschen. Auch manchmal mit Tieren, also mit Hunden, aber auch da wurde er von Verletzungen verschont. Deshalb sei er auch mit 73 noch mehrmals die Woche unterwegs. Als ältester Briefträger Deutschlands, wie die DHL-Group, also die ehemalige Bundespost, bestätigt.

Überhaupt, DHL, das mit der Privatisierung der Post sei nicht unbedingt die beste Idee gewesen, meint der altgediente Gewerkschafter. Jetzt gehe es nur noch darum, die finanziellen Interessen der Aktionäre zu befriedigen. Zu viele Arbeitsplätze habe das gekostet und der Druck auf die verbliebenen Mitarbeiter habe sich erhöht. Es bleibe kaum noch Zeit für soziale Kontakte, für ein Schwätzchen mit der alten Dame, für die der Postbote oft der einzige Mensch am Tag ist, mit dem sie redet.

Aber er will sich nicht beklagen, er nimmt sich die Zeit, sowieso habe er sich als Postbeamter mit der schmucken Uniform einigen Respekt erworben. Mit jedem Saarburger Geschäftsmann war er per Du, bekannt wie ein bunter Hund. Er hat den Wandel der Dörfer und Gemeinden erlebt: „Allein in Saarburg erinnere ich mich an 35 Kneipen, die es nicht mehr gibt.“ Früher war der Briefträger ja überall wie daheim, da gab es auch mal einen Schnaps im Stehen an der Tür.Diskretion und Höflichkeit sind das Wichtigste für den ältesten Postboten in Deutschland

Und Diskretion sei gefragt, man bekomme ja vieles mit, vor allem wenn Menschen in Schwierigkeiten stecken. Höflichkeit sei außerdem oberstes Gebot: „Meinen Auszubildenden habe ich immer gesagt: Guten Tag, Scheißwetter, das sei das mindeste, was man sagen muss, wenn man den Leuten gegenübertritt.“

Die Briefpost habe in Zeiten der Smartphones und E-Mails natürlich nachgelassen, dafür gibt es heute mehr Werbung zu verteilen. Und viel mehr Pakete, nicht nur zur Weihnachtszeit. Deshalb fährt auch Birkel mittlerweile mit dem Elektromobil durch die Gegend, umweltfreundlich und flott ginge das, aber spartanisch ausgestattet seien die. Die neue Technik sei auch ein Segen, beispielsweise bekomme er die Briefpost heute schon vorsortiert in Kisten, da brauche er nur einen nach dem anderen rausziehen.

Entspannung findet der verkappte Schreiner, denn dafür hat er Talent, beim Werken mit Holz. Aktuell steht – wie jedes Jahr – die Erweiterung und Erneuerung seiner Weihnachtskrippe an.

Noch eine lustige Geschichte zum Abschluss? Aber ja: Einst haben sie beim Feierabendbier als Gag einen der Kollegen im verschneiten Hochwald auf Skier gestellt und ein Foto davon geschossen. Das wurde sogar im Volksfreund veröffentlicht, Tenor: Die Post kommt auch bei Schnee, dann eben mit Skiern.

Diese „Fake-News“ machten sogar in der Trierer Postzentrale von sich reden und flugs kam einer der Bosse auf den Gau, um eine Belobigung für vorbildlichen Einsatz auszusprechen. Aufgelöst wurde dieser Spaß noch nie. Bis heute. Und Detlef Birkel strahlt wie ein Lausbub.

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